Unsere beiden nächsten Verwandten. "Da saßen sie nun [...] wie seinerzeit auf den Bäumen (Hermann Hesse)" Teil 1

Der Gang ins Fitnessstudio kann einem schwer und ungemütlich erscheinen; es ist möglich, dass der innere Schweinehund versucht, einem viele Striche durch die Rechnung zu machen. Ist man allerdings dort, freut man sich gelegentlich doch. All die affengleichen Gesichter, während sie ihre Übungen vollziehen, das Schwitzen, das Stöhnen, testosterongeschwängerte und narzisstische Luft einzuatmen, kann - zumindest einen Biologen - immer wieder erheitern, belehren und auch seine Beobachtungsgabe schulen.
Da eine Sonderstellung des Menschen nicht haltbar ist, sollten wir uns auf Unterschiede und Gemeinsamkeiten innerhalb der Phylogenie der Primaten beschränken. Also die Entwicklung des Menschen nachvollziehen. Diese werden durch Pleisiomorphien (altbewährte Merkmale, die übernommen werden) und Autapomorphien (Neuerwerb der Art) begründet.

Schimpansen und Bonobos sind unsere nächsten Verwandten und v.a. Verhaltensautapomorphien sollen hier besprochen werden, um Rückschlüsse auf „den Affen in uns“ zu beweisen.
Warum können wir unseren nahen Verwandten nicht einfach abschütteln und uns von Sex, Machtgier, dem Drang, so viele Frauen wie nur möglich abzubekommen, Lust nach Auseinandersetzung und Zurschaustellung männlicher und weiblicher Attribute befreien und selbstbestimmt sein? Genauso wenig wie dies nicht geht (was die rhetorische Frage andeutet), ist es auch nicht möglich, Empathie, Mitgefühl und moralische Vorstellungen von der Welt und Gemeinschaftssinn abzuschütteln, die wir - zum Glück - pleisiomorph mitbekommen haben. Grundsätzliche Überlegungen sind aus
De Waal, Frans: Der Affe in uns. Warum wir sind, wie wir sind, München 2010
entnommen.
So ist das Fitnessstudio voll und man selbst ist einer von ihnen - den mehr oder minder starken Affen, der sich auch noch selbst dazu machen. Die Evolution hat dazu beigetragen, die Individuen besonders beeindruckend zu finden, die viele Muskeln habe, was mit gut aussehen gleichzusetzen ist. Das liegt zum einen daran, dass Männer vor der Zeit der Zivilisation kein Fitnessstudio hatten und wer am meisten trainiert war, galt als am Potentesten. Generell war es gut, dass er noch lebte; seine Wehrhaftigkeit war demnach bewiesen. Doch hier vollzieht sich die Lüge: Es ist Menschen möglich, die Wehrhaftigkeit vorzutäuschen, um die meisten Weibchen zu Fortpflanzungszwecken für sich zu gewinnen. Wundert es da dann noch, dass manche Frauen auf diese Männer reinfallen und dann bitter enttäuscht werden?
Eine Diskrepanz besteht aber auch noch zwischen bloßem Sex und der Aufzucht von Kindern. Da Menschen k-Strategen (kleine Nachkommenzahl, Nesthocker bis meist mindestens zum 18. Geburtstag - teilweise auch weitaus länger) sind, wäre es wichtig, Männer zu finden, die gute Gene haben und auch bei der Aufzucht helfen.
Oft könnte man meinen, der Kopf des Nachbarn neben einem würde gleich zerbersten. Der Schweiß trieft auf den Boden, das Hecheln und Grunzen wird stärker. Man muss schmunzeln. Diese Seite des menschlichen Daseins steht für den Schimpansen in uns. Dieser durchaus machthungrige und aggressive Urahn agiert auf diese Weise. „Schimpansengesellschaften [setzen sich aus] oftmals doppelt so vielen Frauen wie Männer[n] zusammen“ (De Waal, S. 93), was den Konkurrenzkampf um Weibchen erklärt.
Wenn man dann auch noch neben sich zwei junge Männer hat, die Gewichte heben und über sexuelle Praktiken reden, die Damen ihnen zuteil werden lassen, zweifelt man nicht mehr an den Verwandtschaftsverhältnissen.
Es gibt unter Menschenaffen auch Verbindungen, um Macht zu erhalten oder jemanden zu entthronen. Die Zukunft wird geplant und die Gier nach Macht kommt zum Vorschein. So können wir Politiker und so manchen Kriegstreiber auch in einem anderen Licht sehen.
Oder unsere Mitmenschen im Fitnessstudio, wenn sie sich abrackern mit hochrotem Gesicht herumlaufen, brüllen wie Affen im Gehege und wieder einmal eine ahnungslose Frau mit nach Hause nehmen, die im Club auf seine gut antrainierte äußere Erscheinung hereinfällt.







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