Änderung der Antikörper zu IgG2 und IgG4 ist häufiger in mit BioNTech Geimpften als in mit Moderna Geimpften
Nach über zweieinhalb Jahren haben wir es geschafft: Wir haben etwas veröffentlicht. "Ja, und?", mögen Sie fragen. "Ja, klar!", sage ich. Zum einen erwächst daraus ein Doktortitel und eine wissenschaftliche Karriere und zum anderen arbeitet sie ein Stück weit die COVID-19-Pandemie auf, die uns alle betroffen hat. Siehe hierzu auch mein Blogartikel hier:
https://7-methylguanosin.blogspot.com/2020/05/wissenschaftlicher-essay-sars-cov-2.html
Beginnen wir am Anfang. Ich leite Sie hier mit Fragen durch die Erklärung unserer Veröffentlichung, bleibe aber bei der Struktur der Publikation (im Wissenschaftsjargon "Paper" genannt). Ja, die Wissenschaftler und ihre Fachbegriffe (bzw. Fachtermini ;-)).
Grob gesagt, geht es darum, sich die Antwort des Körpers auf verschiedene Impfungen (mRNA- oder Vektor-basiert) anzusehen. Während der Corona-Pandemie wurde neue Arten von Impfungen bedingt zugelassen. Es gab 1. BioNTech/Pfizer mit dem Namen BNT162b2 und 2. Moderna mit dem Namen mRNA-1273. Außerdem gab es Impfstoffe, die zu den Vektor-basierten Impfstoffen, also nicht mRNA, gehören: 3. AstraZeneca mit dem Namen ChAdOx1-S und 4. Johnson & Johnson mit dem Namen Ad26.COV2-S.
Die Originalveröffentlichung ist hier zu finden: Siebner, A. S. et al.: Class switch towards IgG2 and IgG4 is more pronounced in BNT162b2 compared to mRNA-1273 COVID-19 vaccinees
1. Einleitung (Introduction)
Was ist der Hintergrund der Studie? Was müssen Sie wissen, um die Ergebnisse zu verstehen?
Es gibt zwei Arten von Antworten des Körpers auf Impfungen gegen COVID-19, die Krankheit, die durch SARS-CoV-2 ausgelöst wird: (1) Antikörper und (2) Zellen, die im Blut nachgewiesen werden können. Wir haben uns auf Antikörper konzentriert. Diese nennen sich Immunglobuline (abgekürzt IgG) (ja, um so manchen Fachbegriff kommen wir nicht herum, damit ich etwas spezifischer werden kann).
Dabei gibt es vier verschiedene IgGs: IgG1, IgG2, IgG3 und IgG4.
Diese werden aber nicht in dieser Reihenfolge gebildet, sondern in der folgenden (das hat mit der Bezeichnung der Gene zu tun, wie in Abb. 1 zu sehen ist):
1. IgG3 und IgG1,
2. IgG2,
3. IgG4
Die unterschiedlichen IgGs haben unterschiedliche Funktionen. Diese sind in Tab. 1 aufgeführt. IgG3 und IgG1 machen das gleiche, aber IgG2 und IgG4 machen ganz andere Dinge.
Hier die Erklärung zu Tab. 1:
Mutter-Fötus-Übertragung: Sie dient dazu, das Neugeborene in den ersten Lebensmonaten vor Infektionen zu schützen, bis das eigene Immunsystem vollständig aktiv ist. Es gibt zwei Hauptwege: plazentare Übertragung und Übertragung über die Muttermilch.
Neutralisation: Antikörper blockieren Erreger oder Toxine, sodass sie keine Zellen infizieren oder schädigen können.
Komplementaktivierung: Antikörper binden an die Oberfläche eines Erregers und aktivieren das Komplementsystem, wodurch dieser markiert, zerstört oder durch Membranangriffskomplexe zerstört wird.
Opsonierung: Antikörper markieren Erreger für Fresszellen, die sie dann leichter aufnehmen und zerstören.
Antibody dependent cellular cytotoxicity (ADCC): Antikörper binden an infizierte Zellen, die anschließend von Natürlichen Killer (NK)-Zellen abgetötet werden. (Ja, da sind sie schon wieder - die Fachbegriffe)
2. Methoden (Material and Methods)
Was haben wir denn gemacht, um herauszufinden, welche IgGs gebildet werden? Zum einen haben unsere Kollaborationspartner einen MULTICOV-Assay durchgeführt. Multi steht hier für "viele" und COV für "Coronavirus", im Speziellen das Virus SARS-CoV-2.
2.1 MULTICOV-Assay
Ein MULTICOV-Assay für IgG1-4 ist ein Labortest, mit dem man die vier oben beschriebenen Unterklassen von IgG-Antikörpern gleichzeitig messen kann.
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Auf einer Testplatte sind verschiedene Virusproteine von SARS-CoV-2 befestigt (die Proteine S, Rezeptor-Binde-Domäne (RBD), S1, S2, N).
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Gibt man Patientenserum (Blut) dazu, binden die IgG-Antikörper aus dem Blut an ihre passenden Proteine.
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Spezielle Nachweisantikörper zeigen dann an, ob IgG1, IgG2, IgG3 oder IgG4 gebunden haben.
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So sieht man, welche IgG-Unterklassen gegen welche Erreger im Blut vorhanden sind.
3. Ergebnisse (Results)
Was haben wir herausgefunden? Welche Proben von welchen Menschen haben wir genommen? Insgesamt waren es 165 Teilnehmer in der Studie, die wir dann in unterschiedlichen Gruppen (1-4) eingeteilt haben, um Unterschiede festzustellen. Alle Personen haben lediglich 3 Impfungen bekommen. Entweder aus mRNA (von BioNTech/Pfizer oder Moderna) oder aus einem Vektor (AstraZeneca oder Johnson & Johnson). Erinnern Sie sich noch, welche Impfungen Sie erhalten haben?
Als Proben hatten wir Serum (Blut ohne rote Blutkörperchen, das dann gelblich aussieht und nicht mehr rot).
3.1 Studiendesign und Teilnehmer
Um Unterschiede in den durch Impfungen produzierten IgG-Antworten sowie den Einfluss einer Infektion zu bewerten, unterteilten wir unsere Studienpopulation in vier Gruppen (Abb. 2):
Hier sind die einzelnen Gruppen nochmals genauer aufgeführt (homolog (Griechisch für "gleich") meint, dass nur ein Impfstoff auf mRNA-Basis (BNT162b2 steht für BioNTech/Pfizer, mRNA-1273 für Moderna) verimpft wurde, heterolog (Griechisch für "anders") meint, dass ein Vektor-basierter (ChAdOx1-S steht für AstraZeneca, Ad26.COV2-S steht für Johnson & Johnson) Impfstoff verimpft wurde). Die Zahlen in den Klammern sagen, wie viele insgesamt und wie viele die einzelnen Impfstoffe in der Gruppe erhalten haben:
Gruppe 1: Homologe mRNA-Impfung (3 Dosen) ohne Infektion (n = 113; BNT162b2: 90; mRNA-1273: 23)
Gruppe 2: Homologe mRNA-Impfung (3 Dosen) mit Infektion nach der 3. Impfung (n = 6; BNT162b2: 5; mRNA-1273: 1)
Gruppe 3: Homologe mRNA-Impfung (3 Dosen) mit Infektion vor der 3. Impfung (n = 18; BNT162b2: 15; mRNA-1273: 3)
Gruppe 4: Heterologe Impfung ohne Infektion (mindestens 1 von 3 Impfdosen war vektorbasierend, z. B. ChAdOx1-S oder Ad26.COV2-S) (n = 28; BNT162b2: 19; mRNA-1273: 9)
3.2 IgG1 und IgG4 steigt besonders nach der 3. mRNA-Impfung, aber auch die IgG1 und IgG3
Zur Vergleichbarkeit sind in (A) IgG1-4 aufgetragen. Links (Pre-boost) ist vor der dritten Impfung, rechts (Post-boost) ist nach der dritten Impfung. Hier zeigt sich, dass besonders IgG1 und IgG4 nach der dritten Impfung ansteigt (hier ist es bereits rot, wird aber im Vergleich noch roter). Ein genauerer Blick (B-E) in die einzelnen Proteine gegen das Virus zeigt, dass fast alle IgGs (1-4) stark ansteigen. Das sieht man an den Sternen. Je mehr Sterne, desto stärker steigen sie an (Abb. 3).
3.3 Anstieg an IgG2 und IgG4 ist höher in Gruppe BioNTech/Pfizer gegenüber Moderna
In (A) sind alle (123 Teilnehmer) hinsichtlich IgG1-4 (von oben bis unten) aufgeführt. Hier zeigt sich, dass alle IgGs stark ansteigen (B) zeigt nur die mit BioNTech/Pfizer Geimpften (90 Teilnehmer), wobei auch die meisten IgGs stark ansteigen, (C) zeigt die mit Moderna Geimpften (23 Teilnehmer), bei denen nur IgG1 gegen S2, nicht aber andere IgGs ansteigen.
3.4 Wie stark ist der statistische Unterschied zwischen BioNTech/Pfizer und Moderna hinsichtlich IgG2 und IgG4?
Die statistische Stärke der in Abb. 4 dargestellten Ergebnisse musste nochmals bestätigt werden, da es auch hätte sein können, dass diese Unterschiede nur durch die Anzahl der Teilnehmer bedingt ist (90 Teilnehmer bei BioNTech/Pfizer gegenüber 23 bei Moderna sind ein großer Unterschied und könnten die Ergebnisse beeinflussen). Deshalb haben wir in Abb. 5 die Daten nach der dritten Impfung mithilfe eines anderen statistischen Tests nochmals untersucht und haben festgestellt, dass die Unterschiede tatsächlich existieren und nicht durch die Unterschiede in den Teilnehmerzahlen bedingt sind (Abb. 5). Das kann man also glauben, oder?
4. Diskussion (Discussion)
Die Frage ist natürlich jetzt: Warum gibt es diese Unterschiede nach der dritten Impfung und was passiert in der 4. Gruppe (Vektor bevor mRNA)?
Hier spekulieren wir, dass es eventuell an der Verpackung der mRNA in den Impfungen liegt, dass das Immunsystem mit unterschiedlichen IgGs reagiert. Außerdem ist die mRNA in der Impfung jeweils ein wenig anders.
Außerdem bleibt die Frage nach den Langzeiteffekten der durch die Impfung ausgelösten Immunantworten. Ist es positiv oder negativ, dass IgG2 und IgG4 gebildet werden? Oder sind IgG2 und IgG4 der Grund, weshalb sich viele Personen nach der Impfung infiziert haben?
Grund zu dieser Annahme bietet diese Veröffentlichung, auch wenn für mich noch nicht klar ist, ob es die Omicron-Variante war, die zu mehr Infektionen führte oder IgG2 und IgG4: Post-vaccination IgG4 and IgG2 class switch associates with increased risk of SARS-CoV-2 infections
Unsere Studie wurde mittlerweile schon hier und hier besprochen.
Übrigens: Nach der dritten Impfung mit mRNA nach Vektor-Impfstoff (wie in unserer Gruppe 4), wird auch kein IgG2 und IgG4, aber auch nicht so viel IgG3, gebildet (Abb. 6):
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