Wird HIV im menschlichen Körper bald keinen Schaden mehr anrichten können?

Eine Infektion mit HIV ist für die allermeisten Menschen gesundheitlich schwerwiegend. Es werden vornehmlich T-Lymphozyten, aber auch Makrophagen, B-Lymphozyten, Dendritische Zellen u. v. m. angegriffen, lysiert, neue Virionen freigesetzt oder als Reservoir für neue Ausbrüche der Krankheit genutzt. Dafür nutzt das Virus den CCR5-Rezeptor sowie den CD4-Rezeptor, der sich auf den Zellen befindet. 
Nun gibt es aber eine kleine Gruppe, denen HIV wenig bis nichts anhaben kann. Sie haben heterozygot (eine Variante im menschlichen Erbgut von maximal zweien) oder homozygot (zwei Varianten) die sogenannte D32ccr5-Mutation, bei der der nötige Rezeptor, der von HIV zum Eintritt in die Wirtszelle benötigt wird, nicht mehr an der Zelloberfläche exprimiert und so nicht genutzt werden kann. Die Varianten sind bei etwa 10-15% der kaukasischen Bevölkerung verbreitet - weit mehr als in der afrikanischen oder asiatischen Bevölkerung. Träger dieser Deletion sind resistent gegenüber HIV-1 oder zeigen einen deutlich verlangsamten Krankheitsverlauf. Ist dies nun der Beginn einer Resistenzentwicklung gegenüber HIV bei seinem recht neuen Wirt: dem Menschen?
Verbreitet sich die Mutation, so wären mehr Menschen resistent gegenüber HIV - und das Virus? Das aber würde nicht mehr weiterleben können. Es breitet sich nicht mehr aus und verschwindet?
Dies alles sind nicht zu beantwortende Zukunftsgedanken. Gerade einmal seit 60 Jahren hat das HI-Virus seinen Wirt gewechselt. Keine lange Zeit - auch, wenn sich Viren sehr schnell anpassen aufgrund ihrer hohen Mutationsrate.
Allerdings ist es verbürgt, dass sich viel Viren-DNA ins menschliche Erbgut im Laufe der Evolution eingebaut hat. Diese werden HERVs (Humane Endogene Retroviren) genannt. Früher dachte man, diese DNA-Stücke seinen schlichtweg Schrott, weil sie für keine Proteine codieren, beim Exon-Spleißen herausgeschnitten werden und so keine Bedeutung haben. Im Zeitalter der Molekularbiologie findet man heraus, dass diese Stücke von längst vergangenen Virenattacken stammen, die zu dieser Zeit ihr Unwesen trieben. Haben die Infizierten überlebt, konnten sie das Erbgut an ihre Kinder weitergeben. Es fanden sich aber virusspezifische Sequenzen in der DNA, die sich auch teilweise noch so wie Viren verhalten. Entweder sind sie tatsächlich nur da oder sie springen - das auch u.U. in Bereiche, die transkribiert und in Proteine umgewandelt werden, wo sie verheerend wirken können. Die Frage nach den DNA-Sequenzen, die einfach so im Erbgut liegen, soll uns zuerst beschäftigen.
HERVs sind das Produkt früherer Infektionen und nachfolgender Endogenisierung (Denner J. 2009). Sie verhalten sich wie normale Gene und werden über die Mitose an die Tochterzellen weitergegeben. Das Aufhalten einer Abstoßungsreaktion der Plazenta und des damit eingenisteten Embryos ist der Induktion eines HERV zu verdanken. Dies alles ist Retroviren zu verdanken, die die Möglichkeit der reversen Transkription besitzen und ihre RNA in DNA umschreiben können. Letztere kann dann ins Erbgut eingeschleust werden. Wichtig dabei ist, dass zu Beginn dieses Prozesses im Laufe der Phylogenetik, also des evolutionären Prozesses, immer eine Infektion damit einherging, aber erst im Laufe der Zeit beim Überleben der Infektion bis zur Fortpflanzung eine Endogenisierung wurde.
Das Schicksal einer schlimmen Infektion mit HIV ist also nicht in Stein gemeißelt. Es ist gut möglich, dass sich dieses Los im Lauf der Zeit in einen Trumpf wandelt. Zum einen können Resistenzen zunehmen und sich beim Überleben der Infektion HERVs entwickeln, die ungeahnte neuen Schwung ins Evolutionsspiel bringen.   

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