Die Theologie des Kreuzes

Gott kommt in Gestalt seines Sohnes auf die Erde und ist zugleich Gott, ganz und wahrhaftig. Gott ist vielbesagtes Fleisch geworden und hat unter uns gewohnt. Das Versprechen Gottes ist wahr geworden und hat die Beziehung zwischen den Menschen in der Horizontalen sowie die Beziehung in der Vertikalen radikal verändert.
Wenn wir bald Ostern feiern - und uns darauf besinnen können, in welcher christlichen Tradition dieses Fest steht - begehen wir das wichtigste Fest, weil sich in der Kreuzigung und der Auferstehung die wahren Komponenten der Verkündigung zeigen. Im Folgenden wollen wir uns aber erst einmal mit der Kreuzigung und sich der daraus ableitenden eschatologischen (sprich: es-chatologischen) Funktion beschäftigen, wenngleich die Auferstehung freilich noch viel wichtiger ist.
Ein Mann wird ans Kreuz geschlagen und stirbt einen qualvollen Tod - zu Zeiten des historischen Jesu eine normale Situation. Etwas ist aber an diesem Jesus anders. Es zeigt sich, dass der Alte Bund durch einen Neuen Bund durch Jesus, zwischen Gott und den Menschen, ersetzt wurde - in gewisser Weise eigentlich erneuert. Und: Nicht die Menschen sind es, die sich zu Gott wenden und um Verzeihung bitten, sondern der Herr selbst ist es, der sich ihnen zuwendet. Im Alten Testament (AT) sind es Opfergaben, die dargeboten werden und „im Neuen Testament (NT) sieht die Sache fast genau umgekehrt aus“ (Ratzinger 2005, S. 265). Es ist die Opferung Jesu, womit „Gott in Christus die Welt mit sich versöhnt hat“ (2 Kor 5,19). Dabei ist er der zweite Adam. Er steht am Beginn etwas Neuem, Unglaublichem. Die radikale Liebe versöhnt Himmel und Erde miteinander.
Aber da ist noch mehr, was zu bedenken lohnenswert ist: Das Kreuz ist die Verbindung in der Vertikalen (Mensch und Gott) und in der Horizontalen (Menschen untereinander) und auf ihm wird der Menschensohn geschlagen, muss in all seiner Menschlichkeit göttlich wirken. Es mag bezweifelt werden, dass Jesus dabei in jenen Stunden seine Menschwerdung nicht bereut hat. Eine interessante Darstellung des Kreuzes findet sich beispielsweise in der kath. Kirche im Kloster Hersberg in Immenstaad am Bodensee. Das Kreuz ist oben und unten aufgesprungen, das Holz zeigt seine vielen Fasern. Die Verbindung wird geschaffen - Himmel und Erde, oben und unten berühren sich, werden eins.
Betrachten wir die umstehenden Menschen. Allen voran seine Mutter Maria Magdalena, die - wenn auch in eher theologischer als biologischer Hinsicht jungfräulich gebärend - die Verheißung durchleben muss und ihr dabei nur eine der geringsten göttlichen und zugleich schwersten menschlichen Erfahrungen zuteil werden. Den Jüngern muss es ebenfalls wie blanker Hohn vorgekommen sein, dass Jesus nun getötet wird. Denn sie wissen noch nichts von seiner Auferstehung. Es könnte als Scheitern gedeutet worden sein; sein Beginn wirkt zerstört.

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