„Der zerbroch´ne Krug" von Heinrich von Kleist im Deutschen Theater in Berlin

Im Deutschen Theater in Berlin inszenieren Anne Lenk (Regie) und David Heiligers „Der zerbroch´ne Krug" von Heinrich von Kleist (1777 - 1811). Nichts soll vom Theater, vielmehr von der Sprache des Dramas, ablenken. Alle Figuren tragen Kleidung in ähnlicher Farbe, Eve und Frau Brigitte sogar das gleiche.  Damit soll möglicherweise sichergestellt werden, dass sich ganz auf die Sprache konzentriert werden kann. Aber es funktioniert nicht, denn einige Änderungen zum Primärtext sind vorgenommen worden: Der Gerichtsrat - durchaus in seiner Sprache im Drama geschlechtsneutral angelegt, aber nicht von Kleist so gedacht - ist eine Frau. Und diese ist auch noch schwanger und ist damit der Handlung voraus, denn verhandelt wird der „Zerbroch´ne Krug" der Frau Marthe Rull, den scheinbar ihr Schwiegersohn in spe Ruprecht Tümpel zerschlagen haben soll. Dabei ist der Krug das Symbol für die geglaubte Zerstörung der Jungfräulichkeit Eves. Damit ist der Rahmen des analytischen Dramas gesetzt und die Verhandlung kann beginnen. In dieser wird sehr schnell für den Zuschauer sowie die Gerichtsrätin klar, dass der Dorfrichter Adam, der den Fall verhandelt, Schuld trägt. Die Gerichtsverhandlung dient somit der schrittweisen Entlarvung des Schuldigen Dorfrichters, wobei die Spannung bis zum Schluss aufrechterhalten wird. Licht, sein Gerichtsschreiber, kann sich offiziell nicht gegen seinen Chef wenden, da er wegen seiner „Zinsgeschichten" von Richter Adam erpresst wird. Zum Schluss aber erzählt Eve, was wirklich geschehen ist, auch weil Frau Brigitte einen „Teufel" mit Pferdefuß und Rauch gesehen haben will, der sich von Eves Garten (als der Richter Adam aus dem Fenster sprang, nachdem er Eve fast zum Sex nötigte und dabei den Krug zerbrach) entfernte und zum Gericht verfolgte. Hier wird dann auch klar, dass der Schreiber Licht von vornherein von der Schuld des Adam wusste. 

Bild aus: https://www.deutschestheater.de/programm/produktionen/der-zerbrochne-krug/ 

Die Komödie wird als Kammerspiel aufgeführt, während die Figuren auf den Stühlen sitzen, neben oder hinter ihnen stehen. Die Position der Schauspieler bezeichnet die Beziehung zueinander. Beim Szenewechsel (absolute Dunkelheit) setzen sich die Schauspieler um. Als Eve die Wahrheit über die Nötigung des Dorfrichter Adam ihr gegenüber erzählt, stellt sie sich hinter die Stühle auf ein Podest - zum ersten und einzigen Mal wird dieses Stilmittel verwendet und damit die Retrospektive eingenommen und der Dorfrichter durch die Gerichtsrätin überführt. Somit wird der Bogen geschlagen zwischen damals und der jetzigen Diskussion um Machtmissbrauch. Erst die Aussage der Frau bewirkt die Bestrafung des Angeklagten und - in dieser Fassung - die Anklage des Dorfrichters Adam.

 





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